VVN-BdA fordert Idsteins Bürgermeister Herfurth auf, mit zentralen Gedenktafeln auf Nazigräuel aufmerksam zu machen

10. August 2020

Sehr geehrter Herr Herfurth,

75 Jahre sind vergangen seit Beendigung der faschistischen Barbarei in Deutschland. 75 Jahre, in denen auch die Stadt Idstein wiedererstarkte und prosperierte.

Dabei soll nicht vergessen sein, dass auch Idstein ein Teil dieser unsäglichen Gräuel war und auf dem Gelände Kalmenhof u.a. im sogenannten „Mordhaus“ einen furchtbaren Anteil am Nazi-Terror hatte. Damit meinen wir die unentschuldbaren Morde und andere Verbrechen an Hunderten, möglicherweise deutlich über tausend Menschen, größtenteils mit Behinderungen, aber auch Anderen, die den NS-Verbrechern nicht ins „völkisch-arische“ Menschenbild passten.

Nachdem die Stadt erst in den letzten Jahren und auf beharrlichen Druck diverser Organisationen wie Einzelpersonen zögerlich versuchte, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und den Opfern ein würdiges Andenken zu errichten, fordern wir, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Ortsgruppe Taunus, im Namen der Opfer zusätzlich die Aufstellung von mindestens zwei deutlich sichtbaren Gedenktafeln an zentralen Punkten der Stadt, die sowohl die ansässigen Bürgerinnen wie auch Besucherinnen außerhalb des Kalmenhof-Geländes auf Opfer, Verbrechen und Täter aufmerksam machen.

Wir sind der Meinung, dass es drei Generationen nach den Verbrechen endlich an der Zeit ist, deutlich und zentral auf die lokalen Gräuel hinzuweisen. Wir schlagen daher vor, in einem persönlichen Gespräch im Rahmen der Bürgersprechstunde unsere Vorschläge zu den Standorten zu diskutieren. Dabei bevorzugen wir die Mauer vor dem Rathaus sowie die Nähe des Brunnens auf dem Löher-Platz. Dazu gehören auch verbindliche Erwähnungen der Verbrechen durch die Idsteiner Stadtführer bei
Touristen-Führungen. Der Kalmenhof ist ebenso Bestandteil der Idsteiner Geschichte wie der Hexenturm und daher sollte auch seine Geschichte gleichermaßen transparent, geschichtsbewusst und den Opfern würdig öffentlich aufgearbeitet werden.

Gerade in einer Zeit des wiedererstarkten Rechtsextremismus sind die demokratischen Kräfte der Stadt aufgefordert, gemeinsam und deutlich Zeichen zu setzten. Nur durch beständige und öffentlichkeitswirksame antifaschistische Arbeit, wie sie von der VVN seit 1946 aktiv und erfolgreich betrieben wird, werden wir in der Lage sein, die Grundwerte unserer Gesellschaft für ein menschenwürdiges Dasein für Alle zu erhalten bzw. zu schaffen.

Die Stadt Idstein hat durch das Aufstellen der Gedenktafeln die Möglichkeit, ihren Teil zu demokratischen Willensbildung und Gedenken an die Opfer beizutragen. Wir sind es diesen Menschen wie auch den nachfolgenden Generationen schuldig.

Mit freundlichen Grüßen

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten
Ortsgruppe Taunus